Gehörst du zu den vielen Menschen, die gerne schreiben möchten, aber den Einstieg nicht schaffen? Du hattest in der Schule eine schlechte Note, wenn es ums Schreiben ging? Dein innerer Kritiker kommt dir immer in die Quere, wenn du übers Schreiben nachdenkst? Du hattest eine Schreibblockade und traust dich nicht mehr ans Schreiben? Hier findest du meine 7 besten Tipps, um ins Schreiben zu kommen. Garantiert und ganz leicht.
Tipp 1: Vergiss alles, was du in der Schule über das Schreiben gelernt hast
Viele Menschen haben in der Schule schlechte Erfahrungen mit dem Schreiben gemacht. Themaverfehlung ist so ein Schlüsselwort. Schreibregeln ein anderes. Zu viel, zu wenig, zu fantasievoll, zu frei, ach ja und dann gibt’s noch die Rechtschreibung. Also denken sie, sie hätten kein Talent und ihr Schreiben sei irgendwie „falsch“. Vergiss alles, was du in der Schule über das Schreiben gelernt hast. Das (Auf-)Schreiben hatte im schulischen Rahmen einen bestimmten Zweck: Es sollte Alphabetisieren, Wissen dokumentieren, den Leistungsfortschritt abbilden, eine Grundlage für Benotung sein oder die Fehlerquote aufzeigen.
Schreiben kann aber so viel mehr sein: Ausdruck von Gefühlen, Freude an Sprachspielen und –bildern, kreatives Gestalten, Freizeitbeschäftigung, Sortieren von Gedanken, ein Kreativitätsbooster und wilder Fantasie-Ritt, ein Ausgleich für berufliche oder private Herausforderungen, ein Regulativ für überschießende Emotionen wie Sorge, Angst oder Freude, ein Mittel zur Selbstreflektion, Klarheit und Persönlichkeitsentfaltung.
Lass dich also nicht von alten Erfahrungen vom Schreiben abhalten. Natürlich sind solche Erinnerungen nicht leicht löschbar, fast jeder hat auch einen mehr oder weniger starken inneren Kritiker, der Zweifel verstärkt oder Geschriebenes sofort bewertet oder abwertet. Aber auch dieser Kritiker nährt sich aus Erfahrungen aus der Schulzeit und Kindheit und man kann ihn zähmen. Und wer (weiter-) schreibt, hat eine Chance sich aus solchen Klauen zu befreien. Aus „Ich kann nicht schreiben“ wird „Oh, das war gar nicht so schlecht“ oder „Das liest sich toll. Und es hat Spaß gemacht!“
Es ist in Ordnung, Sätze mit Kurven zu schreiben. Es muss nicht flache, harte, gemeißelte Prosa
sein, die Waschbrettprosa, die sie uns in den Schulen anerziehen. Schreiben als Situps. Das ist
es, was wir lernen. Schreiben kann viel angenehmer sein. Schreiben ist erreichbar.– Julia Cameron –
Tipp 2: Schreib mit der Hand
Schreib mit der Hand, wenn du gerade mit dem Schreiben starten möchtest. Das mag aus der Zeit gefallen scheinen oder zumindest ungewohnt sein. Es gibt aber viele Gründe, die für das handschriftliche Arbeiten sprechen. In unserer Welt sind wir tagtäglich digital unterwegs. Schreiben mit Stift und Papier bringt Abwechslung und mit dem Griff zu einem Notizbuch oder richtigem Papier, geht ein Signal an dein Hirn: Oh, jetzt passiert etwas Anderes, vielleicht sogar Außergewöhnliches.
Wenn du mit der Hand schreibst, wirst du merken, dass sich deine Gedanken beim Schreiben sortieren und formen. Wenn du müde bist, wirst du langsam schreiben, wenn dir viel durch deinen Kopf schießt, schreibst du automatisch schneller (und womöglich krakeliger). Das Schreiben spiegelt so die aktuelle Situation in einem bestimmten Moment. Außerdem sind die Bewegungen, die du beim Schreiben mit der Hand ausführst viel abwechslungsreicher und detaillierter als beim Schreiben auf einer Tastatur.
Während dein Kopf denkt und deine Hand arbeitet, nehmen deine Augen bereits auf, was und wie du geschrieben hast. Dies wird sofort ins Hirn rückgemeldet, zusammen mit den haptischen Eindrücken, z. B. der Oberfläche und Temperatur deines Schreibgeräts und des Papiers, auf dem deine Hand aufliegt. Schreiben mit der Hand ist also zugleich ein sinnliches Erlebnis. Darüber hinaus wird deine Kreativität angeregt, wenn du mit der Hand schreibst. Das kannst du verstärken, indem du mit unterschiedlichen Farben und auf unterschiedlichen Materialien schreibst oder tiefer ins Kreative Schreiben und Journaling einsteigst.
Tipp 3: Schreibe täglich
Wer schreiben will, muss schreiben. Sich regelmäßig hinsetzen und die ersten Worte setzen. Idealerweise täglich. Oft scheitert es bereits an dieser Stelle. „Ich möchte so gern schreiben, aber ich habe keine Zeit“. „Ich würde sofort losschreiben, wenn ich …“ „Abends bin ich so müde. Da kann ich nicht mehr schreiben. Ich warte auf den nächsten Urlaub.“ Oder: „Ich habe gar keine Idee, was ich schreiben sollte. Aber wenn mir was einfällt, lege ich sofort los.“
Meine Erfahrung ist: Solange solche Sätze in deinem Kopf herumschwirren, wird das nichts mit dem Schreiben. Heute nicht und vermutlich auch morgen nicht. Und mal Hand aufs Herz: wie lange möchtest du schon schreiben? Ein paar Tage, Wochen oder gar Jahre?
Wenn du wirklich schreiben möchtest, ist der beste Tipp: Schreibe täglich. Fang gleich heute an. Auch wenn es nur 5 Minuten sind. Die Regelmäßigkeit ist der Schlüssel. Genau wie beim Sport, beim Gucken einer Serie, beim Gießen von Pflanzen. Erfülle dir den Wunsch zu schreiben, indem du tatsächlich jeden Tag ein wenig schreibst. Je öfter, du das tust, desto mehr fällt dir ein, was unbedingt aufgeschrieben werden möchte. Und du findest die Zeitfenster dafür.

Tipp 4: Schreibe für die eigenen Augen
Gerade zu Beginn hat Schreiben etwas sehr Intimes. Das merken wir, sobald wir uns die Zeit zum Schreiben nehmen und dann feststellen, was auf dem Papier landet. Manchmal kommt ein bestimmtes Thema wieder und wieder und wieder. Indem wir es aufschreiben, merken wir: Oh, das scheint viel wichtiger zu sein als gedacht, es nimmt sich unendlich viel Raum. Daher rate ich, zunächst einmal nur für sich selbst zu schreiben und die zu Papier gebrachten Gedanken und Worte zu Beginn sorgfältig zu schützen.
Wenn du nicht alleine wohnst, leg das Geschriebene in eine Schublade oder schließe Schreibkladde oder Textdokument immer, bevor du andere Tagesaufgaben erledigst. Warum? Persönliche Gedanken oder erste Schreibversuche sind zart und der Mensch, der sich dem Schreiben öffnet und beim Schreiben eigene Gedanken, Schreibmuster oder persönliche Themen entdeckt, ist verwundbar. Kommt unerwartete Kritik, kann das den Schreibfluss empfindlich stören und eine Schreibblockade auslösen. Also neugierige Augen am besten gar nicht erst zum Reinlesen verführen.
Vielleicht stellt sich heraus, dass das tägliche Schreiben Tagebuch-Charakter annimmt und dein Leben dokumentiert. Dann bleiben die Texte auch weiterhin privat. Es kann aber auch umgekehrt kommen. Plötzlich entwickelt sich eine Geschichte, die den Rahmen des Privaten sprengt, die wächst und sich eine Bühne wünscht. Dann ist es an der Zeit, die geschriebenen Texte nochmal kritisch zu lesen, den Blick selbst von außen auf das Geschriebene zu richten. Und noch einen Schritt weiter, liest du einen Text einer Vertrauensperson vor. Oder Gleichgesinnten, die auch schreiben und aus der persönlichen Erfahrung heraus andere Schreibergebnisse behutsam aufnehmen und konstruktive Rückmeldungen geben.
Tipp 5: Das richtige Schreibmaterial
Das richtige Schreibmaterial ist das, womit du dich wohlfühlst und womit du ohne größere Anläufe in das Schreiben einsteigen kannst. Das kann jede Art von Schreibheft sein und ein Lieblingsstift. Oder auch ein frisch geöffnetes WORD-Dokument, das weiß leuchtet. Überlege nicht lange, greif zu dem Notizbuch, das vielleicht schon lange herumliegt oder in dem du mal zu schreiben begonnen – und dann unterbrochen hast. Wenn du kein Heft parat hast, nimm einen beliebigen Zettel zum Starten. Egal ob Heft, Notizbuch, Zettel oder neues digitales Text-Dokument: Oben rechts setzt du das aktuelle Datum (wichtig für später), dann geht’s los.
Meiner Erfahrung nach ist es für Schreib-Einsteiger*innen am leichtesten mit Schreibpapier im A4-Format zu starten, ohne Linien oder Karos. Ich empfehle günstiges Druckerpapier, dazu einen angenehmen Stift. Alles, was hakt oder nur mit Kraft zu bedienen ist, hemmt den Schreibfluss. Ein Kuli, der nicht verlässlich schreibt? Weg damit! Ein alter Füller, der schön ist, aber immerzu kleckst? Für ernsthaftes Schreiben taugt er in so einem Zustand nicht, da sind zu viele Unterbrechungen vorprogrammiert. Vielleicht ist er eher für eine Postkarte geeignet. Eine besonders schöne und hochwertige Schreib-Kladde? Führt häufig unmittelbar in eine Schreibhemmung. Denn dann will man nur besonders schöne und hochwertige Gedanken und Texte notieren.
Ich benutze für Ideensammlungen und auch erste Textentwürfe entweder einen nicht zu harten Bleistift oder einen gut in der Hand liegenden und geschmeidig schreibenden Tintenroller, für den ich immer ein paar Reserveminen in der Schublade habe (auch aus Nachhaltigkeitsgründen). Und ganz normales Druckerpapier oder einen Collegeblock. Unterwegs habe ich immer ein A5-Notizbuch mit einem einigermaßen stabilen Cover dabei. Ein kleineres Format ist zwar leichter vom Gewicht, aber es passt nicht allzu viel auf eine Seite.

Tipp 6: Begreife das Schreiben als Prozess
Schwierig wird schreiben erst, wenn wir zu viel erwarten. Oft liegt gerade bei Schreib-Anfängern der Fokus auf dem erhofften Ergebnis. Dabei ist das Wesentliche am Schreiben der Prozess. Schreiben ist ein Wort, in dem Bewegung abgebildet wird. Wie gehen, wandern, tanzen, laufen. Der Stift wandert übers Papier, die Finger gleiten über die Tastatur. Auf dem weißen Blatt oder deinem Dokument erscheinen von Minute zu Minute sichtbar neue Buchstaben. Manchmal entsteht auch während des Schreib-Prozesses der berühmte Flow.
Viele Menschen, die schreiben möchten, haben aber nicht das Schreiben selbst im Kopf, sondern eine unbewegliche Sache, einen Zustand: Die fertige Geschichte, den schlauen Artikel, das erträumte Buch, den großen Erfolg als Schriftsteller*in. Ich bin nicht frei davon. Aber hier fangen die Probleme an.
Wenn du das Schreiben als Prozess begreifen kannst, kannst du schnell Erfolge feiern. Jedes Mal, wenn du am Schreibtisch sitzt und dein Stift übers Papier gleitet (oder deine Finger über die Tastatur), steigt die Anzahl der Buchstaben, dein Text wächst, du musst umblättern oder eine neue Seite beginnen und den Bleistift spitzen. All diese kleinen Bewegungen und Wahrnehmungen zeigen dir: Du schreibst. Und genau darauf kommt es am Anfang an. Auf nicht mehr und auch auf nicht weniger.
Tipp 7: Hab Freude am Schreiben
Du schreibst also, indem du dich hinsetzt, Wörter auswählst und zu Papier bringst. Plötzlich kommt der Moment, an dem du merkst: Heute habe ich ganz automatisch und freudig an meinen Schreibplatz gefunden. Oder: Das war ein tolles Wort, eine schöne Formulierung. Dieser oder jener Satz ist mir geglückt! Oder: Wow, die Geschichte wächst und wächst! Ein Glücksgefühl entsteht. Hier ist der Übergang vom angestrengten Schreiben zur Schreibfreude.
Viele Texte muss man sich erarbeiten, das stimmt. Aber Schreibfreude wird vollkommen unterschätzt. Wir sind so vertraut mit dem Leistungsprinzip, dass wir denken, auch im Schreiben unterschwellig immer noch etwas leisten zu müssen. Dabei ist Schreiben am Schönsten, wenn kein Druck vorherrscht, wenn du dir Freiheit zur Gestaltung schenkst, wenn du die Gedanken laufen lässt und dann schaust, wohin sie dich geführt haben. Wenn die Freude in das Schreiben hineinwächst.
Wie erreichst du aber diese Leichtigkeit beim Schreiben? Indem du die Ansprüche herunterschraubst und lockerlässt. Indem du vertraust, dass dir die „richtigen“ Wörter einfallen werden. Indem du den Moment des Schreibens einfach geschehen lässt und dich freust, wenn es läuft. Wenn du dich auf den Schreibprozess konzentrierst, nicht auf das Ergebnis. Dabei unbedingt im Kopf behalten: Mal läuft es rund, mal etwas holprig. Aber es läuft. Und auch das ist ein Erfolg und motiviert für die nächste Schreibeinheit. Also: Hab Freude am Schreiben. Der Rest, die Feinarbeit, kommt später.
Du möchtest lieber mit anderen gemeinsam schreiben und Schreibimpulse erhalten?
Vielleicht ist eine meiner Schreibwerkstätten etwas für dich.
Ich freue mich, dich persönlich kennenzulernen!





4 Antworten zu “Du willst endlich schreiben? Meine 7 besten Tipps für Schreib-Anfänger”
Liebe Esther!
Ja, schreiben ist am Schönsten, wenn kein Druck herrscht, da gebe ich dir recht. Es gibt so viele Worte, die aufs Papier WOLLEN 😀. Und ich kann dir da absolut zustimmen: Tägliche Routine macht’s einfacher.
Für mich sind schreiben am PC und Schreiben mit der Hand zwei vollkommen andere Tätigkeiten. Am PC gleicht es eher Arbeit, aber wenn der Stift über das Papier rauscht, bin ich mir ganz nahe und immer wieder bin ich überrascht, was da aus mir heraus kommt 😅.
Auch wenn ich an etwas arbeite, mache ich zuerst ein handschriftliches Cluster, da bin ich viel kreativer.
Danke für deinen umfassenden Artikel!
Schreibschwesterliche Grüße
Barbara
Hallo Barbara, Clustern ist auch für mich eine sehr ergiebige kreative Methode. Damit gewinne ich mindestens drei Ansatzpunkte für jedes Thema. 🙂 Ich freue mich über deine Rückmeldung und die persönlichen Erfahrungen darin. Herzliche Grüße, Esther
Liebe Esther,
dein Artikel spricht mir aus der Seele. Ich hab mich so lange vor dem Schreiben „gedrückt“, obwohl es schon mein Kindheitstraum war, Autorin zu werden. Jetzt endlich beginne ich mich dem Schreiben wieder zu öffnen und sehe, wie viel es in mir bewegt. Ich starte jeden Tag automatisch mit Kreativem Schreiben und beende ihn auch so. Außerdem hab ich meinen eigenen Blog gestartet und schreibe an meinem ersten Buch. Das Schreiben tut mir einfach so gut.
Danke für diese ganzen tollen Tipps, einige funktionieren bei mir schon gut, ich schreibe grundsätzlich alles zuerst von Hand, da ich da einfach kreativer bin. Mit dem inneren Kritiker kämpfe ich allerdings ab und zu noch, er möchte, dass direkt die erste Version jedes Textes perfekt wird. 😀
Herzliche Grüße,
Lena
Schön, von dir zu lesen, Lena! So wie dir geht es vielen… Aber gleich morgens mit einer Schreibroutine zu starten, ist eine sehr gute Idee! Der Tag beginnt sofort besser. Der innere Kritiker ist oft ein lebenslanger Begleiter, aber es gibt auch Tipps und Tricks zum Umgang mit ihm. Oder ihr. Manchmal ist es auch eine Frau, die innerlich nörgelt und blockiert. 😉 Ich habe einen Blog-Artikel zum Inneren Kritiker in Arbeit. Ich hoffe, dass er im Oktober noch online geht.
Liebe Grüße und weiterhin viel Erfolg beim Schreiben! Esther